Gestern Abend ging ZDF WISO mit einer kleinen Enthüllungsgeschichte auf den Sender. Es gäbe gefälschte Lokführerscheine für 46 Euro ohne Prüfung per Bestellung im Internet. Die Firma, bei der die WISO-Redaktion sich ihren Führerschein bestellt hat, war allerdings keine windige Spelunke, sondern dürfte insbesondere dem Leitungspersonal nichtbundeseigener Eisenbahnen wohlbekannt sein. Unter anderem ist sie der offizielle Vertriebskanal für VDV-Schriften – und eben auch die offizielle Bezugsquelle für Blanko-Vordrucke von Führerscheinen nach VDV 753. Allerdings war es wohl möglich, unter Angabe irgendeines Phantasie-EVU-Namens dort Vordrucke zu bestellen. Mithin wurde wohl nicht geprüft, ob der Kunde die Führerscheine berechtigterweise ordern durfte. Diese Lücke im System zu schließen dürfte nicht sonderlich schwer sein – das EBA veröffentlicht die Listen zugelassener Eisenbahnunternehmen im Internet. Diese Liste müsste man gegen die Geschäftsvorfälle der Firma seit Einführung des VDV-Führerscheins abgleichen. Dank finanzamtlicher Aufbewahrungspflichten sollte das kein Problem sein. Falls die WISO-Redaktion also nicht die ersten waren, die auf die Idee mit dem Phantasie-EVU gekommen sind, müssten sich die faulen Eier auffinden lassen. Weder die Firma noch ihre Gesellschafter (zumeist öffentlich-rechtliche Verkehrsunternehmen) können eigentlich ein Interesse daran haben, über längere Zeit als schwarzes Schaf dazustehen, das günstig falsche Führerscheine vertickt. Die Sache war natürlich ein grober Schnitzer, aber es besteht berechtigte Hoffnung, dass diese Sicherheitslücke bald gestopft ist. Was ja nicht heißt, dass es das einzige Schlupfloch beim VDV-753-Führerschein wäre. Zum Beispiel hat sich ja die Annahme, dass alle EVU grundsätzlich so vertrauenswürdig sind, dass sie nur den Leuten einen Führerschein ausstellen, die es wirklich können, als falsch erwiesen. Da draußen dürften einige Geisterfahrer unterwegs sein, die dies mit dem Segen irgendeines verantwortungslosen EBL tun. Das Problem wird sich teilweise mit dem neuen TfV-Führerschein lösen, allerdings erst 2018. Und der TfV-Führerschein ist zwar behördlich, aber wohl keine unüberwindliche Hürde für die schwarzen Schafe.

Im Fernsehbericht war auch eine Eisenbahnerschule zu sehen – Kenner dürften erkannt haben, welche es war -, deren Personal sich beinahe um Kopf und Kragen redete. Da wurde ein putziger Einstellungstest abgehalten, dessen Ergebnisse aber dann doch nicht so wirklich ins Gewicht fielen. Na gut, kann man ja machen. Es gibt sicherlich schlimmere Methoden, Geld zu verbrennen. Solange die endgültige Entscheidung über Tauglich oder Untauglich einem zugelassenen Arzt und Psychologen überlassen werden, kann natürlich jeder Unternehmer sinnlose Einstellungsspielchen veranstalten, wie er Lust hat. Echt goldig war aber das Statement, wo dann jemand sinngemäß sagte „Zugsimulatoren sind schweineteuer, aber wir bekommen bald eine Modelleisenbahn. Da kann man auch knifflige Situationen nachstellen“. Yeah, right. Das klang dann schon recht bedenklich. Hierzu ist zu sagen, dass die Modellbahn natürlich im Einzelfall ein probates Unterrichtsmittel sein kann. Das selbe gilt für billige Zugsimulationssoftware aus dem Consumerbereich. Es gibt inzwischen eine Menge Lokführerschulen, die zum Beispiel den Zusi Simulator zum Üben bestimmter Situationen einsetzen. So lange ein fähiger Instruktor daneben steht, kann das eine gute Sache sein. Kritisch wird es erst, wenn bahntechnische Schrott-Software wie der MSTS zum Einsatz kommt oder die Azubis in der Ausbildung nie eine echte Lok sehen.