Als Zugführer auf historischen Zügen hat man es nicht immer leicht. Zum Beispiel versuchen die hinterhältigen Fahrzeuge einen nach Strich und Faden zu verarschen. Da steht groß am Fahrzeug die Bauart „B3yg“ angeschrieben. Man muss allerdings den Reflex unterdrücken, dies so wie es da steht in die Wagenliste einzutragen und im Bremszettel „Im Wagenzug sind Fahrzeuge mit den Kennbuchstaben n oder y“ zu bejahen. Das wäre zwar nur eine kleine Sünde, aber bei buchstabengetreuer Auslegung der Vorschriften dennoch nicht ganz richtig.

Anschriften wie B3yg befinden sich aus historischen Gründen am Fahrzeug. Sie sind alte Nomenklatur und entsprechen nicht mehr dem modernen Regelwerk. Der genannte Wagen war ein zweitklassiger 3-Achser (landläufig auch Umbauwagen genannt). y stand früher für „Eilzugwagen mit Großraum und Mittelgang“, g für „Gummiwulstübergang“. Als die Umbauwagen gebaut wurden war letzteres ein großer Fortschritt. Wer schonmal den Scherengitterübergang einer Donnerbüchse auseinanderbasteln musste, versteht schlagartig, warum. Irgendwann hatte die DB aber nur noch Wagen mit Gummiwulstübergang, und Anfang der 90er Jahre wurden auch die letzten „Eilzugwagen mit Großraum und Mittelgang“ ausgemustert oder zum Bauzugwagen umgebaut. Der Kennbuchstabe y wurde damit frei und für die Nahverkehrswagen der Reichsbahn-Ost recycelt.

Die Anzahl der Achsen ist heute uninteressant, das y neu vergeben und der Gummiwulst keine Besonderheit mehr. Der stolze B3yg ist damit nach den heutigen Kennbuchstaben-Regeln zum schlichten Wagen der Bauart „B“ degradiert worden, da keine anderen Kennbuchstaben mehr auf ihn passen.

Die Frage nach den n- oder y-Wagen im Bremszettel zielt übrigens auf 408.0333 Kapitel 6 ab, denn bei den besagten Ex-DR-Wagen (und DB-„Silberlinge“) sind die Vorgänge am Zug bei der Abfahrt zu beobachten. Das ist zwar unzweifelhaft auch beim Umbauwagen zu tun (schon wegen der versenkten Einstiege), aber er wird damit noch lange nicht zu einem „Wagen mit mehr als 24,5 Meter Länge“, wofür n und y heute stehen. Die Regeln für den Umbauwagen hat die Bundesbahn irgendwann aus der FV gestrichen, weil sie sie selbst nicht mehr brauchte. Am Fall des Umbauwagens sieht man auch einen Grund, warum DB Netz so scharf darauf ist, die Regeln zu Wagenliste und Bremszettel baldmöglichst aus der 408 zu tilgen: Die Jungs dort können gar nicht jede merkwürdige Wagenbauart berücksichtigen, die irgendein Privat-EVU auf die Schiene stellt. Da sagt man doch lieber „wenn ihr komische Wagen einsetzt, dann macht euch eure Regeln doch selbst“.

Bleibt noch zu sagen, dass die tatsächliche Wagenbauart natürlich am Fahrzeug angeschrieben sein muss. Ebenso wie die UIC-taugliche Wagennummer. Das Regelwerk macht aber keine Angabe zur Farbe der Beschriftung, und dieses Schlupflich wird gerade von Museumsbahnen reichlich ausgenutzt, indem man zum Beispiel Dunkelgrau auf Schwarz beschriftet.